1 00:00:02,584 --> 00:00:05,999 Herzlich willkommen in unserer aktuellen Sonderausstellung „Mit diesem Ring. 2 00:00:06,396 --> 00:00:08,250 Jüdische Hochzeit im Mittelalter.“ 3 00:00:09,042 --> 00:00:12,439 Wir haben hier in Erfurt im Erfurter Schatz eine ganze Reihe von 4 00:00:12,463 --> 00:00:16,509 Objekten, die in den Kontext der jüdischen Hochzeit gestellt werden können. 5 00:00:16,533 --> 00:00:19,723 Wir haben uns deshalb überlegt, dieses spezielle Thema 6 00:00:20,001 --> 00:00:24,000 dem Publikum in einer neuen Sonderausstellung ein bisschen näher zu bringen. 7 00:00:24,834 --> 00:00:28,834 Hier im Erdgeschoss ist das zentrale Exponat eigentlich kein wirkliches Exponat. 8 00:00:28,834 --> 00:00:32,928 Das ist eine Vergrößerung einer Darstellung aus einer mittelalterlichen Haggada 9 00:00:33,603 --> 00:00:38,774 die einzige erhaltene Hochzeitsszene, die wir kennen aus dem Mittelalter, 10 00:00:38,909 --> 00:00:41,667 die die Verwendung eines Hochzeitsrings wirklich zeigt. 11 00:00:42,125 --> 00:00:46,791 Wir haben hier die Darstellung der Hochzeit von Moses und Zippora. 12 00:00:47,465 --> 00:00:50,597 Natürlich wie immer in mittelalterlichen Handschriften quasi in die 13 00:00:50,622 --> 00:00:55,346 damalige aktuelle Zeit gelegt. Das heißt, die Menschen tragen 14 00:00:55,371 --> 00:01:00,209 die mittelalterliche europäische Kleidung. Wir sehen zentral das Brautpaar. 15 00:01:00,584 --> 00:01:04,295 Der Bräutigam ist gerade dabei, der Braut den Ring an den Zeigefinger 16 00:01:04,320 --> 00:01:08,915 zu stecken. Was wir nicht hören können, was aber sozusagen geschrieben steht, 17 00:01:08,940 --> 00:01:13,000 ist der Ausspruch, der dazugehört. „Mit diesem Ring seist du mir angetraut, 18 00:01:13,000 --> 00:01:15,459 nach dem Gesetz Moses und Israels.“ 19 00:01:16,576 --> 00:01:22,991 Und gleichzeitig sehen wir zwei Zeugen, die diese Eheschließung bezeugen. 20 00:01:23,249 --> 00:01:28,310 Der eine hält schon den Wein, über den der Segen gesprochen wurde, den das Brautpaar 21 00:01:28,335 --> 00:01:31,144 im Anschluss dann trinkt, in der Hand. 22 00:01:31,763 --> 00:01:34,176 Und auf der anderen Seite, hier hinter mir 23 00:01:34,684 --> 00:01:37,565 ist der Musiker zu sehen, der im Grunde dann schon zu der 24 00:01:37,589 --> 00:01:40,261 Feierlichkeit nach der Hochzeit überleitet, wo 25 00:01:40,285 --> 00:01:43,375 dann natürlich gesungen, gegessen und getanzt wird. 26 00:01:44,751 --> 00:01:49,476 Hier in der Vitrine haben wir im Grunde das Highlight unserer aktuellen Ausstellung. 27 00:01:49,786 --> 00:01:54,189 Alle drei erhaltenen Hochzeitringe aus dem Mittelalter. Also der Erfurter 28 00:01:54,214 --> 00:01:57,999 Hochzeitsring ist für diese Ausstellung aus seiner eigentlichen Stammvitrine 29 00:01:58,024 --> 00:02:00,322 in der Mitte des Raumes hierüber gezogen 30 00:02:00,347 --> 00:02:04,561 und wird flankiert von den Hochzeitsringen aus Kolmar und Weißenfels. 31 00:02:05,667 --> 00:02:08,882 Diese Ringe spielten ja wie wir schon gesehen haben in der Hochzeitszeremonie 32 00:02:08,920 --> 00:02:12,952 eine zentrale Rolle, weil mit dem Anstecken des Ringes im Grunde 33 00:02:13,024 --> 00:02:16,476 wirklich die Zeremonie vollzogen wurde. Dann war man verheiratet 34 00:02:16,690 --> 00:02:20,701 und mit dem Anstecken des Ringes ging der Hochzeitsring in den Besitz der Braut über. 35 00:02:20,751 --> 00:02:25,751 Der war Teil des Brautpreises und war dann ihr persönliches Eigentum. 36 00:02:27,273 --> 00:02:32,964 Eigentlich muss zu jeder Eheschließung im Mittelalter bis heute so ein 37 00:02:32,989 --> 00:02:37,658 Hochzeitsring existiert haben. Erhalten haben sich aus der Zeit 38 00:02:37,683 --> 00:02:43,250 zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert genau diese drei Objekte. 39 00:02:43,292 --> 00:02:46,233 Genau diese drei Hochzeitsringe. Und sie haben sie auch nur 40 00:02:46,258 --> 00:02:50,042 deswegen erhalten, weil sie in Schatzfunden entdeckt worden sind. 41 00:02:50,375 --> 00:02:53,626 Der Kolmarer und der Weißenfelser schon im 19. Jahrhundert, 42 00:02:53,667 --> 00:02:56,000 der Erfurter dann 1998. 43 00:02:56,734 --> 00:03:01,471 In ganz vielen Orten sind jüdische Gemeinden verfolgt worden. An vielen Stellen 44 00:03:01,528 --> 00:03:04,834 haben Juden versucht, ihr wertvolles Hab und Gut in Sicherheit zu bringen. 45 00:03:04,834 --> 00:03:08,422 Nur an ganz wenigen Orten sind diese verborgenen Wertsachen nicht 46 00:03:08,447 --> 00:03:11,375 entdeckt worden nach dem Pogrom, sondern erst Jahrhunderte später. 47 00:03:12,167 --> 00:03:16,876 Das sind die sogenannten Schatzfunde heute von Kolmar, Erfurt und Weißenfels. 48 00:03:16,876 --> 00:03:20,334 Und alle drei dieser Funde haben eben so einen Hochzeitsring erhalten. 49 00:03:22,500 --> 00:03:27,442 Diese drei Ringe waren so schon zweimal zusammen zu sehen, einmal in 50 00:03:27,467 --> 00:03:30,335 zu sehen, einmal in Paris, einmal im London und jetzt 51 00:03:30,478 --> 00:03:35,618 eigentlich das erste Mal überhaupt in Deutschland so zusammen in einer Vitrine. 52 00:03:36,125 --> 00:03:39,989 Und das ist etwas ganz Besonderes, denn diese Stücke sind 53 00:03:40,084 --> 00:03:42,834 wirklich, wirklich selten, wirklich weltweit einmalig. 54 00:03:43,083 --> 00:03:47,704 Und dass sie mal wieder zusammen so nah nebeneinander 55 00:03:47,729 --> 00:03:50,334 ausgestellt werden können, ist ein ganz großer Glücksfall. 56 00:03:51,667 --> 00:03:54,697 Hier in der Vitrine sehen wir das letzte erhaltene 57 00:03:54,721 --> 00:03:57,751 Stück von dem eigentlich ersten Erfurter Schatz. 58 00:03:58,000 --> 00:04:03,252 Schon im 19. Jahrhundert war beim Bau des Rathauses ein Goldschatz entdeckt worden, 59 00:04:03,522 --> 00:04:08,999 der aus 70 Goldmünzen, einem Gefäß und verschiedenen Besatzteilen besteht, 60 00:04:09,334 --> 00:04:11,792 der fast drei Kilogramm schwer war. 61 00:04:12,459 --> 00:04:17,815 Dieser Fund kann ins späte 14. Jahrhundert datiert werden, ist irgendwann um 1370 62 00:04:17,840 --> 00:04:22,083 verborgen worden. Wir gehen davon aus, dass es sich hier um einen Brautschatz handelt. 63 00:04:22,417 --> 00:04:25,817 Dass dieser Schatz wirklich versteckt wurde, 64 00:04:25,841 --> 00:04:29,667 weil er als Brautpreis übergeben worden war an die Braut. 65 00:04:30,459 --> 00:04:36,000 Dann darf man diesen Brautschatz erst angreifen, wenn der Ehemann verstorben ist. 66 00:04:36,042 --> 00:04:38,252 Oder wenn man sich hat scheiden lassen. Dafür muss er irgendwo 67 00:04:38,277 --> 00:04:41,334 deponiert werden und wahrscheinlich ist er deswegen verborgen worden. 68 00:04:41,803 --> 00:04:43,790 Wir wissen nicht ganz genau, warum er im Boden 69 00:04:43,814 --> 00:04:46,334 geblieben ist, warum man den nie irgendwie genutzt hat. 70 00:04:46,986 --> 00:04:48,684 Vielleicht ist er in Vergessenheit geraten. 71 00:04:48,709 --> 00:04:52,918 Vielleicht sind die einzigen Personen in der Familie, die davon wussten, verstorben. 72 00:04:53,083 --> 00:04:56,277 Leider ist heute nur noch dieses eine einzige Objekt erhalten, 73 00:04:56,302 --> 00:05:01,127 denn dieser Schatz wurde 1876 gefunden und sehr schnell weiterverkauft 74 00:05:01,152 --> 00:05:03,792 an einen privaten Sammler, der drei Jahre später starb. 75 00:05:04,000 --> 00:05:08,999 Und mit der Versteigerung seines Nachlasses endet im Grunde die Spur dieses Schatzes. 76 00:05:09,459 --> 00:05:12,704 Dieses eine Stück ist ins Kunstgewerbemuseum nach Berlin gelangt 77 00:05:12,729 --> 00:05:15,834 und ist dort noch heute außer jetzt. 78 00:05:16,709 --> 00:05:20,832 Hier in der Vitrine sehen wir ein Faksimile des einzigen erhaltenen 79 00:05:20,857 --> 00:05:24,306 mittelalterlichen Ehevertrags. Im Judentum ist es so bis heute, 80 00:05:24,331 --> 00:05:28,374 dass bei jeder Eheschließung auch ein Vertrag abgeschlossen wird, wo 81 00:05:28,398 --> 00:05:33,292 festgelegt wird, welche Pflichten der Ehemann der Ehefrau gegenüber hat. 82 00:05:33,375 --> 00:05:36,834 Finde ich sehr, sehr positiv. Und das gab's natürlich auch im Mittelalter. 83 00:05:36,834 --> 00:05:40,209 Aber erhalten haben sich diese mittelalterlichen Eheverträge überhaupt nicht. 84 00:05:40,751 --> 00:05:43,595 Diese hat sich nur deshalb erhalten und sieht das ja auch, dass er so 85 00:05:43,620 --> 00:05:46,716 zerschnitten ist. Er hat sich nur deshalb erhalten, weil er 86 00:05:46,741 --> 00:05:49,838 quasi recycelt worden ist, zerschnitten worden ist 87 00:05:49,862 --> 00:05:52,959 und in ein christliches Gesangbuch eingebunden. 88 00:05:53,082 --> 00:05:55,658 Und bei der Restaurierung dieses Buches hat man dann diesen 89 00:05:55,683 --> 00:06:00,542 mittelalterlichen Ehevertrag entdeckt, herausgenommen, restauriert. 90 00:06:00,542 --> 00:06:03,601 Und er ist so wertvoll, dass wir hier natürlich nur das Faksimile bekommen haben. 91 00:06:03,626 --> 00:06:08,765 Und das Tolle ist, dass er eben in der Randbemalung nicht nur mit 92 00:06:09,468 --> 00:06:13,667 floralen Elementen dekoriert ist, sondern eben auch das Brautpaar dargestellt ist. 93 00:06:14,250 --> 00:06:18,107 Die Braut am linken Rand mit der Krone und am rechten 94 00:06:18,132 --> 00:06:21,334 der Ehemann, der auch den Ring wieder in der Hand hält. 95 00:06:24,799 --> 00:06:28,735 Wegen der ganzen hochkarätigen Exponate finde ich das unglaublich schade, 96 00:06:28,760 --> 00:06:31,918 dass wir im Moment niemanden in das Haus lassen dürfen. 97 00:06:32,584 --> 00:06:34,876 Wir hoffen sehr auf eine baldige Öffnung. 98 00:06:35,417 --> 00:06:39,083 Die Ausstellung ist verlängert, bis Mitte Juni auf jeden Fall. 99 00:06:39,459 --> 00:06:42,025 Und sobald wir wieder ans Netz gehen, sobald wir 100 00:06:42,049 --> 00:06:45,000 wieder öffnen können, freuen wir uns natürlich sehr 101 00:06:45,000 --> 00:06:46,667 über jeden einzelnen Besucher. 102 00:06:46,938 --> 00:06:48,792 Kommen Sie uns besuchen! Wir freuen uns.