Mit dem Welterbetitel geadelt
Erfurt steht mit seinem jüdisch-mittelalterlichen Erbe auf der Unesco-Welterbeliste
„Erfurts Alte Synagoge, die Mikwe und das Steinerne Haus gehören von nun an zum Welterbe der Menschheit und zeugen vom kulturellen Reichtum Thüringens weit über unsere Landesgrenzen hinaus. Das erfüllt mich mit großer Freude. Die drei ausgezeichneten Bauwerke sind nicht nur bauliche Kleinode, sie zeugen auf einmalige Weise vom friedlichen Miteinander jüdischer und christlicher Gemeinschaften im Mittelalter. Der Welterbe-Titel stärkt das gemeinsame Bemühen von Stadt und Land, diese historischen Stätten zu erhalten und ihre wechselvolle Geschichte öffentlich zu vermitteln. Deshalb erinnert uns die Auszeichnung der Unesco einmal mehr daran, wie notwendig es ist, Hass und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden jederzeit entschieden entgegenzutreten“, so Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Möge von Thüringen mit dieser Entscheidung die Botschaft eines Lebens in Vielfalt und friedlichem Miteinander ausgehen.“ Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein ergänzt: „Es ist die wunderbare Krönung einer jahrelangen, akribischen Vorbereitung“, so seine Einschätzung. „Jetzt, da Erfurt mit dem Welterbetitel geadelt wurde, müssen und werden wir diesen Schatz hüten und wahren wie unseren Augapfel“, verspricht Andreas Bausewein.
Für die beiden Unesco-Beauftragten Dr. Maria Stürzebecher und Dr. Karin Sczech ist der Titel eine Bestätigung ihrer Einschätzung als Wissenschaftlerinnen. „Dass unser jüdisch-mittelalterliches Erbe weltweit einmalig ist, wissen wir ja. Aber nun wird unsere Arbeit auch mit dem Titel belohnt. Ich bin im Moment einfach unfassbar glücklich“, versichert Maria Stürzebecher. Und Karin Sczech ergänzt: „Der wirklich anstrengende Weg hat sich gelohnt. Jetzt will ich erst einmal feiern, bevor es dann mit der Arbeit weitergeht.“
Dass die Arbeit weitergehen muss, steht außer Frage. Denn die drei mittelalterlichen Gebäude aus ehemals jüdischem Besitz, die den Sprung auf die Welterbeliste geschafft haben, sollen für alle folgenden Generationen in der ganzen Welt erhalten bleiben. Sie belegen, dass Juden und Christen bereits im Mittelalter in Erfurt gemeinsam gelebt haben. Nun müssen Stadt, Land und Bund dieses Welterbe für künftige Generationen erhalten, pflegen und weiter erforschen. „Ich gehe von vielen Gästen und vielen Fragen aus“, ist Dr. Martin Sladeczek, der Direktor der Erfurter Geschichtsmuseen, vom Welterbetitel angetan.
Jetzt wird beispielsweise an der Idee für ein Welterbezentrum auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus gearbeitet. „Es ist eine Stärkung der Jüdischen Landesgemeinde. Die Gemeindemitglieder werden sich noch mehr zu Hause fühlen. Für Touristen ist der Welterbetitel sicher ein Anziehungspunkt“, erklärt Prof. Dr. Reinhard Schramm direkt nach der Verkündung. Und er hofft auf weitere Ideen wie beispielsweise ein koscheres Restaurant. Für die Touristiker ist dieser Titel enorm wertvoll und macht Erfurt bekannter noch als bisher.