"Steinernes Haus" wird DFG-Projekt
Das sogenannte "Steinerne Haus" direkt hinter dem Rathaus rückt in diesem Jahr in den Fokus der Wissenschaft. Im April startet die Untersuchung des Gebäudes – eine grundlegende Voraussetzung für die Bewerbung Erfurts um den Titel Unesco-Welterbe. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat den Projektantrag "Ein hochmittelalterlicher jüdischer Wohn- und Handelskomplex in Erfurt und seine Raumfassung" bewilligt.
Die DFG fördert Forschungsprojekte deutscher Wissenschaftler und ist mit einem Etat von 2,69 Milliarden Euro (2013) die europaweit größte Forschungsförderungsorganisation. Das gemeinsame Projekt von Dr.-Ing. Barbara Perlich (TU Berlin, Bau- und Stadtbaugeschichte) und Prof. Christoph Merzenich (FH Erfurt, FR Konservierung und Restaurierung) wird über zwei Jahre mit ca. 370.000 € unterstützt. Neben der Stadt Erfurt ist die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg ein weiterer Projektpartner. Zahlreiche weitere Fachrichtungen werden an dem Projekt beteiligt sein, zum Beispiel die Judaistik oder Kunstgeschichte.
"Die Deckenbemalung im ersten Obergeschoss ist die älteste bekannte profane Architekturfassung nördlich der Alpen", hebt Christoph Merzenich die Bedeutung des Bauwerks hervor. "Im Rahmen des Projekts soll herausgefunden werden, ob auch an den Wänden oder in anderen Räumen Reste mittelalterlicher Bemalung erhalten sind." Denn es wird nicht nur das "Steinerne Haus" selbst untersucht, sondern der gesamte Gebäudekomplex. "Wir wissen bereits, dass hier mehrere hochmittelalterliche Bauten erhalten sind, dichter beieinander und besser erhalten, als wir es sonst in Erfurt und anderen Städten finden", ergänzt Perlich, die seit 2010 auch einen Lehrauftrag in Erfurt hat und hofft, im Rahmen der Forschung noch völlig offene Fragen zu klären, wie beispielsweise die nach der Bedeutung des riesigen Stein-Bogens in einer der Toreinfahrten. "Die Bauforschung soll herausfinden, wie sich das Quartier baulich entwickelt hat und wie die einzelnen Bauten ausgesehen haben", unterstreicht sie, "in der Zusammenarbeit mit den anderen Disziplinen können wir vielleicht sogar den verschiedenen Bauphasen einzelne Bewohner zuordnen – im besten Fall finden wir heraus, wer die Deckenbemalung in Auftrag gegeben hat." Dabei denkt die Autorin zahlreicher Veröffentlichungen, auch zur Erfurter Baugeschichte, an die Nutzung der noch vorhandenen Erfurter Steuer- und Zinslisten.
Auch Dr. Maria Stürzebecher, Beauftragte für das Unesco-Welterbe der Stadt Erfurt, freut sich über die Bewilligung und den Start des Projektes: "Das 'Steinerne Haus' ist das dritte Gebäude im Erfurter Welterbe-Antrag – neben der Alten Synagoge und der Mikwe. Und im Gegensatz dazu noch weitgehend unerforscht." Die Förderung durch die DFG ermöglicht nun eine umfassende Untersuchung. "Das ist großartig! Und wird sicher zahlreiche spannende Erkenntnisse liefern", sagt sie.
Fortsetzung folgt ...