Motivation

Die weltweit einzigartige Fülle von erhaltenen Bau- und Sachzeugnissen in Erfurt ist ein Glücksfall für die Stadtgeschichte. Gleichzeitig liegt eine besondere Verantwortung darin, das auch im Mittelalter immer wieder von Gewalt, Zerstörung und Vertreibung bedrohte Verhältnis zwischen jüdischen und christlichen Stadtbewohnern angemessen darzustellen und zu vermitteln.

In der Welterbeliste sieht Erfurt ein passendes Instrument, auf die Geschichte seiner jüdischen Bewohner im Mittelalter aufmerksam zu machen, die beispielhaft für die Geschichte des aschkenasischen (mitteleuropäischen) Judentums steht. Neben der Verantwortung, die in diesem Erbe steckt, gibt es weitere Gründe, den Titel "Unesco-Welterbe" für das jüdisch-mittelalterliche Erbe anzustreben:

Die Unesco ist seit Jahren darum bemüht, die Welterbeliste repräsentativer, ausgewogener und glaubwürdiger zu gestalten. Vorrangig werden deshalb Anträge solcher Stätten behandelt, die eine Art von Welterbe vertreten, das noch nicht oder nur unterproportional vertreten ist. Stätten, die das Judentum und seine Geschichte thematisieren, sind auf der Welterbeliste unterrepräsentiert, besonders, was das europäische Judentum angeht. Auch die KMK hat bei der Fortschreibung der deutschen Tentativliste beschlossen, Anträge aus unterrepräsentierten Kategorien zu bevorzugen.

Der Welterbe-Titel für das Erfurter jüdisch-mittelalterliche Erbe wird also dazu beitragen:

  • die regionale Stadtgeschichte und die Geschichte der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde exemplarisch in einen größeren Kontext einzuordnen
  • den Denkmalschutz für die historischen Gebäude und ihre Umgebung, die Erfurter Altstadt, zu bestärken
  • das Bewusstsein für die regionale Identität unter Erfurtern und Besuchern zu fördern
  • die Anerkennung der gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen in Deutschland und Europa zu bekräftigen.